25. Januar 2018
Nach Auffassung des 10. Senats des Finanzgerichts Köln ist der Rechnungszinsfuß von 6% zur Ermittlung der Pensionsrückstellungen gem. § 6a EStG verfassungswidrig. Nun soll das Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvL 22/17) über die Verfassungsmäßigkeit des Rechnungszinsfußes entscheiden.
Worum geht es genau?
Vor dem Hintergrund der aktuellen und voraussichtlich noch länger andauernden Niedrigzinsphase wird der steuerlich vorgegebene Rechnungszinsfuß von 6% für die Bewertung der Pensionsverpflichtungen gem. § 6a EStG immer wieder in Frage gestellt. Dies umso mehr, als sich der handelsrechtlich gem. § 253 Abs. 2 HGB vorgeschriebene Zinssatz trotz des Umstiegs vom 7-Jahresdruchschnitt auf den 10-Jahresdurchschnitt immer weiter vom steuerlichen Zinssatz entfernt. In einem aktuellen Verfahren des Finanzgerichts Köln (10 K 977/17) hat ein Unternehmen gegen den Rechnungszinsfuß von 6% für die Bewertung der Pensionsverpflichtungen gem. § 6a EStG für das Jahr 2015 geklagt. Der 10. Senat des Finanzgerichts Köln hat wegen grundlegender Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des steuerlichen Zinssatzes das Verfahren ausgesetzt und die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Finanzgericht nimmt dabei Bezug auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 28.11.1984 (1 BvR 1157/82), wonach bei einschneidenden Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse eine Überprüfung des Zinsfußes nach § 6a EStG durch den Gesetzgeber von Verfassungs wegen erforderlich sei. Nach Auffassung des Finanzgerichts habe sich in dem heutigen Zinsumfeld der gesetzlich vorgeschriebene Zinsfuß so weit von der Realität entfernt, dass er vom Gesetzgeber hätte überprüft werden müssen. Die fehlende Überprüfung und Anpassung führe zur Verfassungswidrigkeit. Alle vergleichbaren Parameter (u.a. Kapitalmarktzins, Rendite von Unternehmensanleihen) hätten schon seit vielen Jahren eine stetige Tendenz nach unten und lägen deutlich unter 6 %.
Inwiefern ist das Thema relevant?
Die mögliche Änderung der Bewertung der Pensionsverpflichtungen gem. § 6a EStG ist für alle Unternehmen mit unmittelbaren Versorgungszusagen relevant. Durch eine Änderung des Rechnungszinsfußes gem. § 6a EStG können sich erhebliche Änderungen für die Unternehmensbesteuerung ergeben. Durch die mögliche Absenkung des Rechnungszinsfußes ist von einer steuerlichen Entlastung für die Unternehmen auszugehen. Inwieweit besteht Handlungsbedarf? Die Entscheidung, die Frage nach der Rechtsmäßigkeit und Angemessenheit des steuerlichen Rechnungszinses durch das Bundesverfassungsgericht klären zu lassen, kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn aufgrund der aktuell guten wirtschaftlichen Lage ist bereits Bewegung in die Diskussion geraten und es gibt erste Signale, dass eine Absenkung des Rechnungszinses im Zuge einer Reform des § 6a EStG vorstellbar erscheint. Leider ist nicht auszuschließen, dass die Politik eine solche Reform so lange aufschiebt, bis das Bundesverfassungsgericht in der Sache entschieden hat. Das kann mehrere Jahre dauern. Wir gehen zudem davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht keinen alternativen Rechnungszinsfuß vorgeben wird, sondern dessen realitätsgerechte Typisierung in das Gestaltungsermessen des Gesetzgebers stellt. Dabei ist u. E. nicht davon auszugehen, dass eine mögliche Neuregelung rückwirkend Anwendung findet. Da der Ausgang des Verfahrens offen ist, besteht u.E. aktuell kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Sofern Sie in Erwägung ziehen sollten, mit dem Hinweis auf das anhängende Verfahren aktuelle und zukünftige Steuerbescheide offen zu halten, sprechen Sie uns gerne an.
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