Köln 6. September 2018
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem Beschluss vom 7. März 2018 entschieden, dass die künftige Erhöhung von Betriebsrenten in der Leistungsphase gemäß § 16 BetrAVG bei der Ermittlung des Ausgleichswerts einzubeziehen ist. Diese Frage war in der Fachwelt bislang umstritten.
Worum geht es genau?
Der Arbeitgeber ist nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei hat er die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu berücksichtigen. Die Billigkeitsprüfung entfällt, wenn der Arbeitgeber eine jährliche Anpassung von mindestens 1 % p.a. zusagt. In der Praxis bestand Einigkeit, dass eine garantierte Rentenanpassung in die Barwertberechnung zur Ermittlung des Ausgleichswerts im Versorgungsausgleich einzubeziehen ist. Umstritten war die Frage, ob zukünftige Rentenanpassungen auch dann berücksichtigt werden müssen, wenn für den Arbeitgeber als Versorgungsträger lediglich eine Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG besteht. Dies wurde u.a. mit der Begründung verneint, dass die im billigen Ermessen des Arbeitgebers stehende Aussicht auf Anpassung nicht hinreichend verfestigt und damit nicht ausgleichsreif sei. Die Berücksichtigung einer Leistungsdynamik führe bei interner und externer Teilung zudem zu systemwidrig unterschiedlichen Berechnungen.
Der BGH hat entschieden, dass künftige Rentenanpassungen bei der Berechnung des Ausgleichswerts nicht nur einzubeziehen sind, wenn sie dem Grunde und der Höhe nach fest zugesagt sind, sondern auch bei der (bloßen) Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG. Der versicherungsmathematischen Berechnung eines Barwerts lägen stets verschiedene Prognosen zugrunde, die auf abschätzbaren Verhältnissen am Bewertungsstichtag beruhen. Dass diese Prognosen von der späteren tatsächlichen Entwicklung abweichen können, liege grundsätzlich in der Natur der Sache einer stichtagsbezogenen Bewertung.
Der Senat folgt dabei der Auffassung, dass sowohl bei der internen als auch bei der externen Teilung ein vorsichtig zu prognostizierender Rententrend zu berücksichtigen ist. Bei beiden Teilungsformen werde der Barwert mit einem Rententrend gerechnet, der bei der internen Teilung dann bei der Rückrechnung zur Bestimmung der Leistungen für die ausgleichsberechtigte Person entsprechend berücksichtigt wird. Zur Höhe des Rententrends verweist der Senat auf den Übertragungswert nach § 4 Abs. 5 Betriebsrentengesetz und auf die Annahmen zum Rententrend bei der Bildung von Rückstellungen in der Handelsbilanz. Würden, so die Begründung, die in der Handelsbilanz für die Anpassung reservierten Mittel nicht weitergegeben, verbliebe dem Versorgungsträger ein bilanzieller Gewinn. Im Versorgungsausgleich seien diese Mittel deshalb bei der internen Teilung der ausgleichsberechtigten Person zuzuordnen und bei der externen Teilung an den Zielversorgungsträger abzuführen.
Für wen ist das Thema relevant?
Das BGH-Urteil betrifft alle Versorgungsausgleichsfälle bei Zusagen, die der allgemeinen arbeitsrechtlichen Anpassungsprüfungspflicht unterliegen. Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit für die Berücksichtigung des Rententrends bei der Ermittlung des Ausgleichswertes sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.
Wo sehen wir Handlungsbedarf?
Wir empfehlen, bei der Bestimmung des Ausgleichswertes grundsätzlich immer den für die handelsrechtliche Bewertung der Pensionsverpflichtungen angenommenen Rententrend anzusetzen und ggf. ein bislang praktiziertes abweichendes Berechnungsverfahren (auch in der Teilungsordnung) anzupassen. Für Rückfragen stehen Ihnen Ihre Kundenbetreuer gerne zur Verfügung.
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