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Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Nach Ausscheiden gezahlte Pensionskassenleistungen aus Eigenbeiträgen sind beitragsfrei

Köln, 27. September 2018

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 27.7.2018 entschieden, dass Leistungen einer Pensionskasse aus Eigenbeiträgen, die nach dem Ausscheiden gezahlt wurden, nicht der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner unterliegen. 

Worum geht es genau? 

Bisher waren nach Auffassung der Krankenkassen, gestützt durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Leistungen einer Pensionskasse als Institution der betrieblichen Altersversorgung stets der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen (sog. institutionelle Abgrenzung). Hieraus leitete sich die Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner ab. Es wurden allerdings bei Pensionskassen selbst diejenigen Leistungen als Versorgungsbezüge verbeitragt, die aus Beiträgen stammten, die der Versorgungsberechtigte nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis im Wege der privaten Fortführung der Versicherung selbst an die Pensionskasse zahlte (Eigenbeiträge). 

Das Bundesverfassungsgericht sieht in dieser aus der typisierenden Betrachtung resultierenden Verbeitragung jeglicher Pensionskassenleistungen einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dabei verglich es die Situation mit der von pflichtversicherten Rentnern, deren Leistungen aus privaten Lebensversicherungen keiner Beitragspflicht unterliegen. Die Beitragsfreiheit setzt allerdings voraus, dass die Zahlungen auf einem nach Ende des Arbeitsverhältnisses geänderten oder ab diesem Zeitpunkt neu abgeschlossenen Versicherungsvertrag mit der Pensionskasse beruhen. Der Arbeitgeber ist nicht mehr beteiligt und der Arbeitnehmer zahlt die Beiträge alleine. 

In der am 4.9.2018 veröffentlichten Urteilsbegründung (Beschwerdeverfahren 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15) heißt es: Indem der Versicherte nach Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Pensionskasse einen Lebensversicherungsvertrag ohne Beteiligung des Arbeitgebers abschließe oder einen bestehenden Vertrag in dieser Weise ändere und die Versicherungsleistungen selbst finanziere, werde der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts verlassen. Der Unterschied zu Einzahlungen auf anfänglich privat abgeschlossene Lebensversicherungsverträgen sei unwesentlich, so die Richter weiter. 

Für wen ist das Thema relevant? 

Auch wenn die Entscheidung unmittelbar nur eine Pensi-onskasse in der Rechtsform des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit betrifft, sollten die vom Bundesverfas-sungsgericht aufgestellten Grundsätze auf Pensionskassen aller Rechtsformen und auch auf Pensionsfonds übertragbar sein. Sie beseitigt auf der einen Seite eine potentielle „Doppelverbeitragung“ in der Finanzierungs- und Leistungsphase, auf der anderen auch einen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu Direktversicherungen. Bei diesen wurden Leistungen aus solchen Eigenbeiträgen bisher nicht der Verbeitragung unterworfen, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer Versicherungsnehmer wurde. 

Zu verbeitragen sind jedoch nach wie vor diejenigen Leistungen aus Eigenbeiträgen, die im bestehenden Arbeitsverhältnis gezahlt werden (Eigenbeteiligungen der Ar-beitnehmer oder Fortführungen im ruhenden Arbeitsverhältnis). 

Wo sehen wir Handlungsbedarf? 

Pensionskassen müssen zukünftig zwischen dem zu verbeitragenden und nicht zu verbeitragenden Versorgungsbezug unterscheiden. Die zur Verfügung zu stellen den Informationen über die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Leistungen sind entsprechend anzupassen. Wir erwarten eine zeitnahe Äußerung des Spitzenverbandes der Krankenkassen zur Verfahrensweise bei den Pensionskassen. 

Rentenbezieher sollten darauf hingewiesen werden, dass sie vorsorglich einen Erstattungsantrag bei der Krankenkasse stellen bzw. gegen etwaige belastende Bescheide vorgehen müssen. Erstattungsansprüche verjähren vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Beitragsentrichtung. Für Rückfragen stehen wir Ihnen mit unseren Rechtsexperten gerne zur Verfügung. 

 

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