Die Bewertung der Pensionsverpflichtungen für die Steuer- und Handelsbilanz sowie gegebenenfalls auch nach IFRS/US-GAAP gehört grundsätzlich zu den Routinetätigkeiten im Jahresabschluss. Wir fassen für Sie zusammen, welche Besonderheiten und Neuerungen zum 31.12.2022 zu beachten sind.
I. Bewertung
HGB: 10-Jahres-Durchschnittszins sinkt weiter, 7-Jahres-Durchschnittszins steigt leicht an
Der Rechnungszins zum 31.12.2022 beträgt für eine angenommene Restlaufzeit von 15 Jahren voraussichtlich
1,79 % im 10-Jahresdurchschnitt (nach 1,87 % im Vorjahr) bzw.
1,45 % im 7-Jahresdurchschnitt (nach 1,35 % im Vorjahr),
was zu einem gegenüber den Vorjahren geringeren Anstieg der Pensionsrückstellung führen und im Bereich der sonstigen Personalverpflichtungen sogar entlastend wirken wird (Stand 30.9.2022).
IFRS/US-GAAP: Rechnungszins ggü. Vorjahr stark gestiegen
Zum 30.09.2022 lag der Zins nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen (IFRS/US-GAAP) für Mischbestände bei 3,85 % und damit ca. 2,55 Prozentpunkte über dem Niveau zum 31.12.2021. Dementsprechend dürfte sich − sollten sich die Verhältnisse bis zum Jahresende nicht grundlegend ändern − der Verpflichtungsumfang (DBO) spürbar verringern. Diese Entlastung ist nach IAS 19 zum 31.12.2022 erfolgsneutral im Eigenkapital als other comprehensive income (OCI) zu erfassen.
Auswirkungen der Inflation auf Rententrend und Gehaltstrend
Die Inflation in Deutschland liegt im September 2022 bei + 10,0 % bei kurzfristig weiter steigender Tendenz.
Bei einem rein marktbasierten Ansatz, d.h. einer Herleitung der Inflation alleine anhand von Marktinstrumenten (Inflationsswaps, inflationsindexierten Anleihen etc.) ergibt sich ein signifikanter Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Aus Sicht von HEUBECK ist jedoch aufgrund der hohen Duration der Pensionsverpflichtungen nicht nur die kurzfristige Entwicklung, sondern auch die mittel- und langfristige Erwartung entscheidend bei der Festsetzung der Inflationsannahme. Nach den aktuellen Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt die mittelfristige Erwartung im EURO-Raum derzeit bei etwa 2,20 %; die Zielgröße liegt bei 2,00 %.
Unter Berücksichtigung beider Aspekte halten wir für den Jahresabschluss 2022 einen Rententrend zwischen 1,90 % und 2,40 % für angemessen, wobei die 2,00%- Marke nur bei Anpassungen in mehrjährigem Abstand (z.B. 3-Jahres-Turnus) unterschritten werden sollte.
Analog zum Rententrend ist ggf. auch der Ansatz des Gehaltstrends zu überprüfen und anzupassen. Generell entspricht der Gehaltstrend in etwa dem Inflationstrend zzgl. eines karrierebedingten Aufschlages zwischen 0,50 und 1,00 Prozentpunkten.
Durch die Anpassung der Trendannahmen dürfte sich der Verpflichtungsumfang wesentlich erhöhen. Diese Belastung ist nach IAS 19 zum 31.12.2022 erfolgsneutral im Eigenkapital als other comprehensive income (OCI) zu erfassen. Insgesamt dürften die Entlastungen aus dem Zinseffekt deutlich überwiegen.
Unter HGB ist dagegen der Aufwand erfolgswirksam zu erfassen. Aufgrund der Durchschnittsbildung bei der Zinsermittlung, die zu einer Nivellierung des Zinsanstiegs führt, stehen dem keine entlastenden Zinseffekte gegenüber.
Wir empfehlen Ihnen dringend, dieses Thema bereits im Vorgespräch zum Jahresabschluss mit Ihrem Wirtschaftsprüfer zu besprechen und sich zumindest auf die Methodik der Festlegung, die sowohl unter IFRS als auch HGB grundsätzlich stetig zu erfolgen hat, verbindlich zu verständigen.
SV-Rechengrößen für das Jahr 2023
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 8.9.2022 den Referentenentwurf über die Sozialversicherungs-Rechengrößen 2023 vorgelegt. Hiermit werden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr (2021) turnusmäßig angepasst. Die Zustimmung des Bundesrates ist noch nicht erfolgt, sie gilt jedoch als Formsache. Es ist davon auszugehen, dass die Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2023 noch in diesem Jahr mit den nachfolgenden Werten in Kraft tritt.
Zusagespezifische Finanzierungsendalter bei der steuerlichen Bewertung von Jubiläums- und Pensionsverpflichtungen
Mit Schreiben vom 2.5.2022 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) sich von seiner bisherigen Vorgabe verabschiedet, alle Personalverpflichtungen auf dasselbe Finanzierungsendalter zu bewerten. Das BMF folgt damit einer entsprechenden Rechtsprechung durch den Bundesfinanzhof (BFH). Zu Einzelheiten verweisen wir auf
unser HEUBECK INFORMIERT vom 23.8.2022.
Sofern wir keine anderslautende Vorgabe von Ihnen erhalten, werden wir diese neuen steuerlichen Bestimmungen automatisch für künftige Bilanzstichtage umsetzen. Für bereits zurückliegende, aber noch offene Steuerjahre lassen wir die Bewertung unverändert, es sei denn, Sie beauftragen uns ausdrücklich mit einer Neubewertung. Ob in Ihrem Unternehmen im Zuge dieser Umstellung auch eine Änderung des handelsbilanziellen Finanzierungsendalters Sinn ergeben könnte, sollte im Rahmen der Jahresabschlusstätigkeiten unternehmensindividuell geklärt werden. Wenn wir nichts von Ihnen hören, werden wir die bisherigen Finanzierungsendalter beibehalten.
II. Bilanzierung
Handelsrechtliche Bilanzierung von rückgedeckten Direktzusagen
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hatte bereits im vergangenen Jahr den IDW Rechnungslegungshinweis „Handelsrechtliche Bewertung von Rückstellungen für
Altersversorgungsverpflichtungen aus rückgedeckten Direktzusagen“ (IDW RH FAB 1.021 vom 6. Juli 2021) veröffentlicht, wodurch die handelsrechtliche Bilanzierung rückgedeckter Direktzusagen wesentlich verändert wird. Der Hinweis ist spätestens für Bilanzstichtage ab dem 31.12.2022 anzuwenden. In der HEUBECK INFORMIERT Ausgabe vom 30.8.2021 hatten wir über die anstehen den Änderungen berichtet.
Über die weitere Entwicklung, insbesondere den Ergebnisbericht des Fachausschusses Altersversorgung der Deutschen Aktuarvereinigung zur aktuariellen Umsetzung vom 26.4.2022 haben wir Sie durch individuelle Ansprache und Zusendung von Fragebögen zur Vorbereitung der Änderungen auf dem Laufenden gehalten.
Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass ggf. ein hoher Abstimmungsaufwand mit dem Rückdeckungsversicherer und ein entsprechender zeitlicher Vorlauf benötigt werden, um die Anwendbarkeit des IDW-Rechnungslegungshinweises zu klären und die für eine Neubewertung der Rückdeckungsansprüche bzw. der Versorgungsverpflichtungen erforderlichen Informationen zu besorgen.
In diesem Zusammenhang möchten wir Sie noch einmal - sofern noch nicht geschehen - ausdrücklich an unsere Fragebögen erinnern, die Sie uns bitte so schnell wie
möglich ausgefüllt zurücksenden. Ohne die darin abgefragten Informationen können wir die Prüfung nicht abschließen und die Neubewertung nicht umsetzen. Sofern noch nicht geschehen, holen Sie dies bitte dringend zeitnah nach. Andernfalls sehen wir uns gezwungen, unsere Gutachten auf der Grundlage der Bewertungsgrundsätze des Vorjahres ohne Berücksichtigung des IDW-Hinweises zu erstellen. Wir bitten um Verständnis, dass wir eine pünktliche Fertigstellung der Jahresabschlussarbeiten nicht gewährleisten können, wenn Sie in diesem Fall eine nachträgliche Anpassung der Gutachten wünschen sollten.
Mögliche Änderung der Offenlegungsvorschriften des IAS 19
Im Vorjahr haben wir Sie an dieser Stelle über mögliche Änderungen der Offenlegungsvorschriften des IAS 19 informiert.
Im Jahr 2022 gab es hierzu von verschiedenster Seite Kritik, die das IASB auch aufgenommen hat. Nach jetzigem Stand wird es voraussichtlich deutlich weniger Änderungen geben, als anfangs gedacht.
Änderungen kommen aufgrund der notwendigen Übernahme ins EU-Recht vor dem Jahr 2023 ohnehin nicht mehr in Betracht. Sobald sich abzeichnet, wie die Änderungen konkret ausfallen, werden wir sie über HEUBECK INFORMIERT gesondert auf den aktuellen Stand bringen.
Bitte sprechen Sie Ihren Kundenbetreuer an, wenn Sie zu den vorgenannten oder weiteren Themen Fragen haben.
Wir sind Ihnen gerne behilflich.
HEUBECK AG
Gustav-Heinemann-Ufer 72 a
50968 Köln
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