Köln, 11. Oktober 2024
Die Bewertung der Pensionsverpflichtungen für die Steuer- und Handelsbilanz sowie gegebenenfalls auch nach IFRS/US-GAAP gehört grundsätzlich zu den Routi-netätigkeiten im Jahresabschluss. Wir fassen für Sie zusammen, welche Besonderheiten und Neuerungen zum 31.12.2024 zu beachten sind.
I. Bewertung
HGB: Deutlicher Zinsanstieg
Der Rechnungszins zum 31.12.2024 beträgt für eine angenommene Restlaufzeit von 15 Jahren voraussichtlich
- 1,90 % im 10-Jahresdurchschnitt (nach 1,82 % zum 31.12.2023) bzw.
- 1,96 % im 7-Jahresdurchschnitt (nach 1,74 % zum 31.12.2023)
(Stand 30.9.2024). Dieser Zinsanstieg führt zu einer Minderung der Pensionsrückstellungen sowie der Rückstellungen für sonstige Personalverpflichtungen und wirkt sich insoweit entlastend aus.
HGB: 7-Jahres-Durchschnittszins höher als 10-Jahres-Durchschnittszins
Im Rahmen der handelsbilanziellen Bilanzierung von Al-tersversorgungsverpflichtungen ist gem. § 253 HGB die Bewertung zum einen mit dem 10-Jahresdurchschnittszins (für den Bilanzansatz) und zum anderen mit dem 7-Jahresdurchschnittszins (zur Prüfung einer möglichen Ausschüttungssperre) durchzuführen. Bislang lag der 10-Jahresdurchschnitt immer oberhalb des 7-Jahresdurchnitts, so dass die Anwendung des 10-Jahresdurchschnittszinses zu einer niedrigeren Rückstellung geführt hat. Aufgrund des sprunghaften Zinsanstiegs im Jahr 2022 haben sich die Verhältnisse seit Mai dieses Jahres jedoch umgekehrt.
Zum 31.12.2024 ist der handelsrechtliche Erfüllungsbetrag auf Basis des 7-Jahresdurchschnittszinses daher erstmalig geringer als der Erfüllungsbetrag auf Basis des 10-Jahresdurchschnittszinses. Dennoch ergeben sich hierdurch keinerlei Änderungen in der Bilanzierung, d. h.
- Die Pensionsrückstellung ist weiterhin mit dem Erfüllungsbetrag auf Basis des 10-Jahresdurchschnittszinses zu berechnen.
- Der nun negative Unterschiedsbetrag ist weiterhin zu ermitteln und im Bilanzanhang anzugeben, auch wenn er in Bezug auf die Ausschüttungssperre KEINE Wirkung entfaltet. Insbesondere darf keine Verrechnung mit anderen Positionen innerhalb der Berechnung eines ausschüttungsgesperrten Betrages vorgenommen werden.
Die Überlegungen, die derzeit vom Institut der Wirt-schaftsprüfer (IDW) und vom Institut der versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) zu einer grundsätzlichen Reform des HGB-Zinses angestellt werden, sind längerfristig angelegt. Insofern ist in absehbarer Zukunft nicht mit einer grundlegenden Änderung der HGB-Zinskonzeption zu rechnen.
Sinkende Inflation: Auswirkungen auf Rententrend und Gehaltstrend
Die einjährige Inflation liegt im September 2024, gemessen an der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Deutschland (VPI), bei 1,6 % (vorläufiger Wert) mit leicht fallender Tendenz. Insgesamt zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Inflation gegenüber dem Vorjahr, der vor allem durch den Rückgang der Energiepreise begründet ist. Betrachtet man nur die Kerninflation (also die Preisentwicklung ohne Preise für Energie und Nahrungsmittel), liegt diese mit 2,7 % (vorläufiger Wert) deutlich höher und über dem von der Europäischen Zentralbank angestrebten Inflationsziel von 2,0 % p.a.
Aufgrund der langen Abwicklungsdauern von Pensionsverpflichtungen ist nicht nur die kurzfristige Entwicklung, sondern insbesondere die mittel- und langfristige Erwartung für die Festsetzung der Inflationsannahme entscheidend. Nach aktuellen Aussagen der EZB wird die Kerninflation die angestrebte Zielmarke von 2,0 % p.a. im vierten Quartal 2025 erreichen.
IFRS/US-GAAP: Rechnungszins annähernd auf Vorjahresniveau
Zum 30.09.2024 lag der Zins nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen (IFRS/US-GAAP) für Mischbestände bei 3,50 % und damit ca. 0,05 Prozentpunkte über dem Niveau zum 31.12.2023. Dementsprechend dürfte sich der Verpflichtungsumfang (DBO) − sollten die Verhältnisse bis zum Jahresende sich nicht grundlegend ändern − nur geringfügig verringern. Die damit verbundene bilanzielle Entlastung ist nach IAS 19 zum 31.12.2024 in der sonstigen Gesamtergebnisrechnung („other comprehensive income“ − OCI) erfolgsneutral zu erfassen.
Vor diesem Hintergrund halten wir für den Jahresabschluss 2024 einen Rententrend zwischen 1,9 % und 2,3 % pro Jahr für angemessen, wobei die 2,0 %-Marke nur bei Anpassungen in mehrjährigem Abstand (z. B. 3-Jahres-Turnus) unterschritten werden sollte.
Zusätzlich kann es angezeigt sein, für die kurze Frist (beispielsweise die Jahre 2025 und 2026) einen erhöhten Rententrend von 3,00 % bis 5,00 % pro Jahr zu berücksichtigen. Gerade bei der Anpassung von laufenden Renten gemäß VPI findet eine Überprüfung der Rentenhöhe nur alle drei Jahre statt, so dass die hohen Inflationsraten der Vergangenheit zum Teil noch nicht auf die aktuellen Rentenhöhen zum Bewertungsstichtag gewirkt haben (sogenannter „Anpassungsstau“). Damit wird es zu Nachholeffekten kommen, die durch den Ansatz eines erhöhten kurzfristigen Rententrends oder einen Aufschlag auf den langfristigen Rententrend berücksichtigt werden können.
Ein ähnlicher Effekt kann bei Tarifabschlüssen beobachtet werden: Hier steigen die Bezüge der Aktiven erst nach einer Tarifeinigung an, die die Inflation der vergangenen Jahre berücksichtigt.
Analog zum Rententrend ist ggf. auch der Ansatz des Gehaltstrends zu überprüfen und anzupassen. Üblicherweise wird der Gehaltstrend in etwa in Höhe des Rententrends zzgl. eines karrierebedingten Aufschlages zwischen 0,50 und 1,00 Prozentpunkten angesetzt.
SV-Rechengrößen 2025: sprunghafter Anstieg
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 12.09.2024 den Referentenentwurf der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025 mit Datum vom 3.9.2024 vorgelegt. Danach sollen die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung turnusmäßig wie folgt angepasst werden:
Erstmalig sind damit die SV-Rechengrößen für die gesamte Bundesrepublik Deutschland identisch.
Bei den Beitragsbemessungsgrenzen handelt es sich um den höchsten, planmäßigen Anstieg seit der Einführung des aktuell gültigen Berechnungsverfahrens im Jahre 2002/03. Der Anstieg wird dabei im Wesentlichen von der Lohnzuwachsrate des Jahres 2023 bestimmt, die vor allem aufgrund von inflationsbedingten Lohnanpassungseffekten bei 6,37% (alte Länder) bzw. 6,44 % (Gesamtdeutschland) lag.
Ein noch deutlicherer Anstieg als bei den Beitragsbemessungsgrenzen wird aller Voraussicht nach beim vorläufigen Durchschnittsentgelt mit einer Steigerung von 11,32% zu beobachten sein. Dieser Anstieg resultiert aus der Berechnungssystematik: Zur Ermittlung des vorläufigen Durchschnittsentgelts des Jahres 2025 wird angenommen, dass in den Jahren 2024 und 2025 die gleiche Lohndynamik wie im Jahr 2023 zu beobachten sein wird.
Die konkreten Auswirkungen des starken Anstiegs der SV-Rechengrößen auf die Pensionsrückstellungen sind abhängig vom jeweiligen Versorgungssystem. Bei Zusagen mit gespaltener Planformel wirkt sich insbesondere die stark gestiegene BBG in der Regel mindernd auf die erreichbaren Leistungen und damit den Verpflichtungsumfang aus, wohingegen bei Gesamtversorgungszusagen mit Anrechnung von SV-Renten der Rückstellungsaufwand deutlich steigen kann. Bitte sprechen Sie wegen möglicher Handlungsoptionen Ihren Kundenbetreuer bzw. Ihre Kundenbetreuerin direkt an.
Üblicherweise ist die Verabschiedung der SV-Rechengrößen reine Formsache. In diesem Jahr hat der Bundesfinanzminister jedoch Bedenken gegen den starken Anstieg der Rentenversicherungs-BBG angemeldet. Insofern könnten sich Verzögerungen im Verabschiedungsprozess Verabschiedungsprozess ergeben; auch kurzfristige Änderungen erscheinen nicht ausgeschlossen. Für die Vorbereitung auf die Bewertungen zum Jahresabschluss 2024 werden wir jedoch wie in den Vorjahren unterstellen, dass die SV-Rechengrößen zum 1.1.2025 wie im Entwurf vorgesehen in Kraft treten.
II. Bilanzierung
Rückgedeckte Direktzusagen: IDW verlangt begründete Darlegung der Gesamtverzinsungserwartung
Vor zwei Jahren wurde im Jahresabschuss erstmalig die Forderung der Wirtschaftsprüfer umgesetzt, bei teilkongruent rückgedeckten Direktzusagen gleichlaufende Zahlungsströme aus der Rückdeckungsversicherung und aus der Versorgungszusagen auch gleich zu bewerten.
Da in der Praxis regelmäßig nur unzureichende Informationen über die Zahlungsströme aus der Rückdeckungsversicherung vorliegen, haben die Aktuare der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) und des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) sogenannte „faktorbasierte Verfahren“ entwickelt, auf deren Grundlage der teilkongruent rückgedeckte Anteil der Versorgungszusage näherungsweise bestimmt werden kann. Dabei wird die Rückdeckungsquote durch Umschätzung von Werten gewonnen, die im Jahresabschluss regelmäßig verfügbar sind – namentlich sind dies der Aktivwert der Rückdeckungsversicherung gem. Meldung des Lebensversicherers sowie der handelsrechtlich notwendige Erfüllungsbetrag der Versorgungszusage, der durch den Gutachter ermittelt wird.
In der Praxis hat sich ein Verfahren, das sogenannte Deckungskapitalverfahren, als Standardverfahren durchgesetzt. Im Rahmen dieses Verfahrens wird der handelsrechtlich notwendige Erfüllungsbetrag der Versorgungszusage pauschal umgeschätzt, um ihn mit dem Aktivwert der Rückdeckungsversicherung vergleichbar machen zu können. Dabei muss neben der garantierten Verzinsung des Versicherungsvertrages eine Annahme zur voraussichtlichen Verzinsung des Versicherungsvertrags unter Berücksichtigung zukünftiger Überschussbeteiligungen getroffen werden, die sogenannte Gesamtverzinsungserwartung.
Viele Versicherer kommunizieren ihre Gesamtverzinsung im Rahmen der Veröffentlichung ihrer Geschäftsberichte. In einigen Fällen ist die Informationslage jedoch lückenhaft, so dass im Rahmen der Gutachtenerstellung Annahmen zur garantierten Verzinsung und zur Überschussverzinsung getroffen werden müssen.
Es ist gängige, von den Wirtschaftsprüfern bislang unbeanstandete Praxis, die Gesamtverzinsungserwartung in den versicherungsmathematischen Gutachten als Annahme lediglich zu benennen, aber nicht weiter zu erläutern. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat nunmehr jedoch klargestellt, dass diese Annahme - wie jede andere versicherungsmathematische Annahme auch - begründet dargelegt werden müsse.
Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass die Wirtschaftsprüfer im Rahmen des Jahresabschlusses 2024 eine entsprechende Dokumentation der Gesamtverzinsungserwartung einfordern werden. Wir rechnen jedoch nicht damit, dass das Verfahren als Ganzes in Frage gestellt wird.
Steuerliche Anerkennung von Pensionsrückstellungen: Zunehmend restriktivere Haltung der Betriebsprüfer
Wir nehmen derzeit eine gegenüber den Vorjahren deutlich erhöhte Anzahl von Rückfragen zu Pensionsrückstellungen im Rahmen steuerlicher Betriebsprüfungen wahr. Dabei werden immer wieder Sachverhalte beanstandet und in Frage gestellt, die bereits seit vielen Jahren in dieser Form umgesetzt wurden und bei früheren Betriebsprüfungen unbeanstandet geblieben sind. Inhaltlich geht es dabei regelmäßig um drei Themengebiete:
- Die Berücksichtigung von Ausschlussklauseln in Bezug auf Hinterbliebenenrenten bei Heirat nach einem bestimmten Alter bzw. nach Rentenbeginn (sog. „Späteheklauseln”),
- das Vorliegen steuerschädlicher Vorbehalte, insbesondere im Hinblick auf Klauseln, die aus arbeitsrechtlicher Sicht unwirksam sind, sowie
- die fehlende Eindeutigkeit der zu bewertenden Leistungshöhen.
Wir sehen im Hinblick auf den bevorstehenden Bilanzstichtag derzeit zwar keinen akuten Handlungsbedarf, da mögliche Thematiken bereits zurückliegende Bilanzstichtage betreffen würden. Dennoch raten wir an, mit Ihrem Kundenbetreuer bzw. Ihrer Kundenbetreuerin zu prüfen, inwieweit Ihre Versorgungsregelungen von einer restriktiveren Handhabung der Betriebsprüfer betroffen sein könnten. Selbstverständlich unterstützen wir Sie im Fall von Beanstandungen auch gerne in der Argumentation gegenüber der Finanzverwaltung.
Darüber hinaus setzen wir uns in den einschlägigen Fachgremien dafür ein, im Dialog mit der Finanzverwaltung allgemein gültige, sachgerechte und zugleich praktikable Lösungen zu finden. So hat sich eine Arbeitsgruppe der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) der Spätehen-Thematik angenommen, um in direkter Abstimmung mit dem Bundeszentralamt für Steuern einen passenden Bewertungsansatz zu entwickeln.
Wenn Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, Ihren Kundenbetreuer oder Ihre Kundenbetreuerin bei HEUBECK anzusprechen. Wir sind gerne für Sie da.
Wenn Sie Unterstützung bei diesem Thema benötigen, wenden Sie sich gerne an Ihren Kundenbetreuer.
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